Sa 09.11.
18:00
Kino
Arsenal 1
zu den Ticketszu dem KalenderZu Gast: Heide Schlüpmann, am Flügel: Eunice Martins, anschließend Gespräch mit Heide Schlüpmann und Eunice Martins
Während Jay Leyda beim Staatlichen Filmarchiv der DDR unter Vertrag stand, unternahm er mehrere Recherchereisen in andere europäische FIAF-Archive, so auch mehrfach zum Nederlands Filmmuseum in Amsterdam, mit dessen Leiter Jan de Vaal er einen freundschaftlichen Kontakt hatte. Einen Besuch im Dezember 1967 nutzte Leyda, um im Filmmuseum seinen „Study Film“ zu Eisensteins Mexiko-Film zu zeigen, vor allem aber wollte er dort Filme aus der „Sammlung Jean Desmet“ sichten. Mit dem Nachlass dieses legendären Entrepreneurs und Kinomachers hatte das Museum zehn Jahre zuvor über 900 Filmkopien aus der Frühzeit des Kinos erworben. Leyda begeisterte sich für die wilde Ära der fahrenden Schausteller und des schnellen Geldes, der sein Schüler Tom Gunning später den Namen „Cinema of Attractions“ gab. Ende der 1980er Jahre, machte auch die Frankfurter Filmwissenschaftlerin Heide Schlüpmann Bekanntschaft mit der Jean Desmet Sammlung. Sie stellt sieben Filme aus fünf Ländern vor:
"Jay Leyda begegnete der Sammlung „Jean Desmet“ wohl erstmals 1967, als er von Ost-Berlin, wo er damals lebte, für einen Recherchebesuch ans Nederlands Filmmuseum - heute eyefilm – kam. Leyda begeisterte sich für das Frühe Kino schon ein Jahrzehnt vor der legendären FIAF-Konferenz in Brighton (1978), die als Beginn der Wiederentdeckung dieser Epoche gilt. Zwei Jahrzehnte später, Ende der 80er Jahre, machte ich erste Bekanntschaft mit dieser außerordentlichen Sammlung eines Filmverleihers und Kinomachers aus den Jahren 1907-1916. Kurz danach begann im Nederlands Filmmuseum eine intensive Erkundung der Nitratfilmlager, eine unermüdliche Sichtung, Umkopierung und Restaurierung auf Safety-Material. Die Bestände, so zeigte sich, reichten weit über die der Desmet-Sammlung hinaus. Die Filmauswahl dieses Programms beschränkt sich jedoch wieder auf Filme aus der Sammlung – Filme, die Leyda damals sehen konnte, vielleicht gesehen hat.
Die Filme in diesem Programm reflektieren mehr oder weniger deutlich alle das Kino oder Aspekte des Kinos. Es beginnt mit CONCORSO DI BELLEZZA FRA BAMBINI A TORINO (I 1909), der unwillkürlich die ganze Melancholie der Vergänglichkeit evoziert. Ihm folgen drei Filme aus drei verschiedenen Kinematografien, die das Kino unmittelbar zum Gegenstand haben. Le mystère des roches de Kador (Leonce Perret, F 1912), erzählt von der heilenden Wirkung einer Filmvorführung. UNA TRAGEDIA AL CINEMATOGRAFO (Enrico Guazzoni, I 1912) macht sich einen Spaß aus dem, was die Kinoreformer seinerzeit fürchteten, nämlich daß das Dunkel des Kinos so manche Unzucht fördert; THE PICTURE IDOL (JamesYoung, USA1912) ist eine Komödie der Leidenschaft, die der Star auf der Leinwand im jugendlichen Mädchenherzen hervorruft. Alle drei Filme lassen nebenbei die Bedeutung eines weiblichen Publikums für die Entwicklung des Kinos erkennen. – Wie in den frühen Kinoprogrammen fehlt auch eine dokumentarische Aufnahme nicht: HYDRAULIC LIFT LOCK AT PETERBOROUGH, ONTARIO, CANADA (GB 1911) zeigt eine – gleich dem Film – noch neue technische Errungenschaft, eine Schleuse in Betrieb. Mit KASPER-LOTTE (Emil Albes/ Luise Heilborn-Körbitz, D 1913) kehrt das Programm zum melancholischen Beginn zurück. Luise Heilborn-Koerbitz hat Theodor Storms Novelle Pole Poppenspäler aufgegriffen: In der Mitte des Films ein Kinderpublikum vor dem Puppenspiel. Den Abschluß oder Ausklang bildet KRI KRI DOMESTICO (Raymond Frau, I 1913), eine Art Slapstick mit Spiegel, eine Subversion des Herr-Knecht-Verhältnisses." (Heide Schlüpmann)
Concorso di bellezza fra bambini a Torino Italien 1909 35 mm 3 Min.
Le mystère des roches de Kador Léonce Perret F 1912 35 mm 37 Min.
Una tragedia al cinematografo Enrico Guazzoni Italien 1912 35 mm 9 Min.
The Picture Idol James Young USA 1912 35 mm 14 Min.
Hydraulic Lift Lock at Peterborough, Ontario, Canada Frank Butcher
UK 1911 35 mm 5 Min.
Kasper-Lotte Emil Albes D 1913 35 mm 12 Min.
Kri Kri domestico Raymond Frau Italien 1913 35 mm 5 Min.
Alle Filme werden als 35-mm-Kopien aus den Beständen des eye Filmmuseum gezeigt.